Bessere Ferngespräche am Abend

Kommunikation unter Elefanten mit Infraschall / Wetterlage bestimmt Reichweite
Mit ohrenbetäubendem Trompeten machen sich Elefanten in ihrer nächsten Umgebung bemerkbar. Ferngespräche führen sie dagegen für unsere Ohren lautlos. Mit Infraschallsignalen teilen die Kühe den Bullen ihre Paarungsbereitschaft mit, vermeiden Rivalen eine Konfrontation und grenzen einzelne Herden ihre Nahrungsquellen ab. Neueste Untersuchungen amerikanischer und afrikanischer Ökologen und Physiker lassen vermuten, dass die Tiere unter günstigen Bedingungen über mehr als 10 Kilometer miteinander kommunizieren können.

Der Informationsaustausch findet beim afrikanischen Elefanten bei Frequenzen von 14 bis 34 Hertz statt. Wie weit diese langwelligen Signale reichen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidende sind etwa die Härte des Untergrunds, der Pflanzenbewuchs, das Relief der Landschaft sowie klimatische Gegebenheiten wie Luftfeuchte und Temperatur. Für die Elefanten des Etoscha-Nationalparks in Namibia sind die Voraussetzungen für die Ausbreitung ihrer Laute sehr günstig: ein harter Boden mit niedrigem Bewuchs, der die bis zu 20 Meter langen Schallwellen kaum dämpft, sowie ein Gelände ohne größere Erhebungen. Doch entsteht dort jeden Abend in den unteren Luftschichten ein Temperaturprofil, das die Reichweite des Infraschallsignals entscheidend beeinflusst.

Kurz vor ihrem Untergang nimmt die Strahlung der Sonne schnell ab. Der am Tag aufgeheizte Boden kann nun seine gespeicherte Wärmeenergie wieder abgeben. Durch aufsteigende Warmluft nimmt die Temperatur bis in einige Meter Höhe ständig zu, ehe sie schließlich mit weitem Abstand vom Grund wieder fällt. So entsteht eine Inversionszone, die besonders niederfrequenten Schall nach unten beugt. Der Bereich zwischen Erdboden und der Grenze der Inversionszone bildet eine Art Kanal, der die Signale verlustarm leitet. Im Etoscha-Park baut sich eine ungefähr 50 Meter starke Inversionsschicht etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang auf und wird kann im Verlauf der Nacht vor allem durch aufkommende Winde abgeschwächt. Zwar fehlen noch systematische Felduntersuchungen, doch konnte man beobachten, dass die Elefanten des Etoscha-Nationalparks in den Abendstunden häufig aktiver sind und Infraschallaute erzeugen.

Die Elefanten setzen dabei bevorzugt die tiefen Frequenzen ihrer Infraschallstimmen ein, wodurch sie optimale Reichweiten erzielen. Diese sind in der Trockenzeit infolge geringerer Luftfeuchte grundsätzlich höher als während der Regenzeit. Jahreszeitlich bedingte Verhaltensweisen, zum Beispiel das Auseinanderrücken der Herden in der Trockenzeit zur Erweiterung ihrer Futterareale, werden möglicherweise über die Telekommunikation gesteuert. Das könnte auch für künftige Hegemaßnahmen von Bedeutung sein. In Zeiten mit knappem Nahrungsangebot zerstören Elefanten die Vegetation oft nachhaltig. Insbesondere auf dem begrenzten Areal eines Nationalparks wird dadurch viel vernichtet, was man zuweilen durch Abschuss einzelner Herden zu lösen versucht. Doch erzeugen die Todesrufe der Tiere bei entfernten Herden erheblichen Stress. Abschüsse sollten daher in den Mittagsstunden stattfinden, wenn die Reichweite des Infraschalls am geringsten ist.

Von MICHAEL PFAFF aus der FAZ vom 19.07.1995